Lieber abtauchen, wenn es jetzt klingelt


Die Tagesschau liegt gerade in den letzten Zügen. Plötzlich dringt Gebrüll aus dem Treppenhaus an mein Ohr. Bedrohungslage? Politischer Anschlag? Oder doch nur ein Ehestreit? Es schellt. Ziemlich lange und nachdrücklich. Ogottogott! Vor der Tür stehen zwei junge Frauen in Sanitätsuniform. Oweh! Verletzte? Vielleicht sogar Tote?

Die zwei Frauen reden gleichzeitig auf mich ein, während unten mit einem „Sauerei!“ die Tür ins Schloß geworfen wird. Es kristallisiert sich heraus, dass sie vom Nürnberger Arbeitersamariterbund sind und mir helfen wollen. Aber nicht gleich, sondern erst, wenn ich mal in Not geraten sollte oder noch älter und hinfälliger sein sollte als jetzt schon. Dem Arbeitersamariterbund gehe es schlecht. Er sei auf meine Hilfe angewiesen, damit er mir helfen könne, wenn ich´s nötig habe. Ansonsten, so die deutliche Botschaft, werde ich halt liegengelassen, wenn es mich mal derbröselt.

Ich zahle doch schon Steuer, auch an die Kirche, versuche ich Bedenkzeit zu gewinnen. Das reiche bei weitem nicht, entgegnen die beiden. Inzwischen haben sie ein Schreibbrett mit einem Formular herausgezogen, auf dem ich unterschreiben soll. Ich sei dann Fördermitglied und könne, so wird mir versichert, im Ernstfall astrein versorgt werden.

Eigentlich, wende ich ein, sollte das doch immer der Fall sein und nicht nur für Fördermitglieder gelten. Aber nicht, wenn alle so reserviert seien wie ich, kontern die beiden, die jetzt offenbar Stufe 2 der Sponsorenaquise gezündet haben: ein paar Zentimeter näher an die Türe rücken, noch ein bisschen schneller reden und noch intensiver fuchteln. Ich reagiere auf so was allerdings eher allergisch. Außerdem fühlte ich mich jetzt an jene studentischen Werbetrupps erinnert, die einen in der Fußgängerzone gerne mal antanzen, um einen zum Beitritt bei Amnesty, Verdi oder irgendeiner Tierschutzorganisation zu bewegen. Also sagte ich den beiden, sie könnten ihre Bemühungen jetzt einstellen, das werde heute nichts mehr mit uns. Zudem gebe es noch das Rote Kreuz, das mir – wenn es soweit ist – helfen könne. Die Antwort wartete ich dann gar nicht mehr ab. Schließlich wollte ich vermeiden, dass es zu einem neuerlichen Gebrüll kommt und andere Nachbarn auch noch verunsichert werden.

Später erfuhr ich, dass das BRK das Ganze auch nicht anders handhabt. Denen mache ich dann lieber gleich gar nicht auf. Genau wie übrigens den Bundestagskandidaten, die teilweise auch schon wieder angekündigt haben, ihre Wähler zu Hause aufsuchen zu wollen.