Gerade hat der Spiegel das Thema Öffentlich-Rechtliche entdeckt. Möglicherweise wurde da erkannt (was ich im alten Vipraum schon mehrfach thematisiert habe), wie die AfD nicht nur durch Talkshow-Einladungen, sondern auch durch den generellen Ärger über die Zwangsgebühren und das, was man im Gegenzug dafür bekommt, profitiert.
Nun wird der Spiegel nicht zwangsalimentiert, sondern muss schauen, dass er sich verkauft. Da liegt einerseits die Populismuskeule griffbereit. Andererseits kann man ihm auch unterstellen, die „unheimliche Macht“ deshalb anzugreifen, weil er sich selbst als heimliche Macht bedroht fühlt. Gerade im Internet, wo Spiegel-Online für viele eine feste Newsgröße ist.
So ist es fast schon anrührend, wenn die fränkischen Journalisten den neuerlichen Nachweis erbringen, dass sie sich mitnichten zu Handlangern durchsichtiger Verlagsinteressen machen lassen. Deshalb gibt es nicht bloß zahlreiche Kooperationen der Regionalpresse mit dem Bayerischen Rundfunk (die reichen von der Bereitschaft als Lachkulisse für Kabarettsendungen zu fungieren bis zu einem gemeinsamen Rechercheverbund). Da wird auch regelmäßig und bereitwillig die Werbetrommel für den hiesigen öffentlich-rechtlichen Sender gerührt. Gerade wieder massivst für den vierten Franken-Tatort. Dafür wurden jetzt die Dreharbeiten abgeschlossen. Seitenweise räumen die Printprodukte diesem Ereignis Platz ein und Online wird das ohnehin schon reichlich bestückte Frankentatort-Themenarchiv weiter aufgeblasen. Allein bei Nordbayern.de schlummern dort schon 174 Beiträge.
Dabei handelt es sich schon beim Format TV-Krimi um eine völlig ausgezutzelte Zitrone. Aber wenn man eh schon am Zutzeln ist, wird auch noch aus den – andauernd um irgendwas Fränkisches in der eigenen Biografie bemühten – Darstellern das letzte Tröpfchen an vermarktungsfähigen Content rausgepresst. Zu der bangen Frage, wo denn der fränkische Tatortkommissar wohnt, gibt es sogar einen eigenen Beitrag. Selbst die bei der ersten Folge geäußerte Kritik am seltsamen Dialekt der Pförtnerin im Nürnberger Polizeipräsidium, wird erneut aufgewärmt. ZUdem werden gemutmaßte Leservorurteile entkräftet, zum Beispiel das, die Protagonisten des „Dadords“ würden sich in Franken auf Kosten des Gebührenzahlers einen coolen Lenz machen. Dem ist natürlich mitnichten so. Die machen sogar Überstunden und zwar „am Set„.
Natürlich wird auch ein bisschen der Vorhang gelüftet, worum es in der vierten Folge geht. Schließlich soll die erst im nächsten Frühjahr sendefertige Folge (die Überstunden sollen wohl nicht ins Kraut schießen) wieder hohe Quoten erzielen. So erfahren wir zum Beispiel, dass der BR sich sogar an Sex und Drugs heranwagt (der Rock´n`Roll kommt dann beim Nachruf auf Peter Kraus).
Eigentlich würde man sich wünschen, ein Verlagsleiter griffe ein, um seine Angestellten daran zu erinnern, dass der BR Konkurrenz auf dem Onlinesektor ist und dort eine nicht unwesentliche Rolle dabei spielt, dass die Bezahlschranken nicht funktionieren. Aber das passiert nicht. Was auf der anderen Seite etwas Beruhigendes hat. Unsere Regionalredaktionen scheinen journalistisch unabhängig zu agieren. Schön, dass es diese Freiheit noch gibt. Auch wenn sie, wie hier, dazu genutzt wird, einen peinlichen Affenzirkus aufzuführen.
Ja, waaahnsinnig spannend, diese Tatorterei … Und ja, ich frage mich auch, warum unsere doch so unabhängige Presse nicht einmal hinterfragt, ob solche Produktionen wirklich mit unseren Zwangsgebühren finanziert werden müssen, anstatt hier den sonst so kritisch hinterfragten „Heimat- oder Regionalstolz“ wilde Blüten treiben zu lassen.