Politik mit der Narrenkappe

Während alles auf die sich hinziehenden Jamaika-Verhandlungen blickt, werden anderweitig die eigentlichen politischen Weichen gestellt. Selbst die für sowas sonst so empfängliche CSU scheint vor lauter Personalgerangel nicht mitbekommen zu haben, dass sich hier eine Vakanz ergeben hat, die nun von einem politischen Gegner besetzt wird.

Da war die Union früher schon mal fitter. Als sie mit Ludwig Scholz das einzige Mal in der Nachkriegsgeschichte den Nürnberger Oberbürgermeister stellen durfte, wurde damals als Hauptgrund ins Feld geführt, Scholz habe sich mehrfach bei den hiesigen Faschingsveranstaltungen blicken lassen, während der „abgehobene Akademiker“ Peter Schönlein sowas als unter seiner Würde betrachtet habe. Daraufhin wurde der ebenfalls faschingsunlustige Analog-Uli von seiner SPD gedrängt, doch irgendwie am närrischen Treiben teilzunehmen. Der Fasching, das wissen kommunale Parteistrategen, ist eine ernste Angelegenheit und kann wahlentscheidend sein.

Das hat sich wohl auch der Vorsitzende der Partei für Franken gedacht. Billiger als derzeit dürfte ein Einstieg in das Nürnberger Narrentum kaum mehr gelingen. Der letzte Faschingsprinz war in eine Koksaffäre verwickelt, was die Suche nach einem neuen nicht eben leichter machte. Ohnehin tun sich die Faschingsbosse seit Jahren schwer, für dieses Amt geeignetes Personal zu finden. Ich kann mich noch gut erinnern als ich mal einen von denen anlässlich eines Prinzenfluges interviewt habe. Da scherzte er, dass wir beide zusammen mit Sicherheit einen höheren IQ hätten als jene gut 20 Prinzenpaare, die da im Flieger säßen. Obwohl er in seiner alkoholbedingten Redseligkeit noch ganz andere „Nettigkeiten“ über die Prinzenpaare verbreitete, die ich gnädig in meinem Bericht verschiwegen hatte, beschwerte er sich am nächsten Tag bei der Chefredaktion, er habe das alles so gar nicht gesagt.

Nun wird also mit einem Schlag das Prinzenwesen IQ-mäßig nach oben gepuscht. Mit Robert Gattenlöhner hat sich nämlich ein leibhaftiger Parteichef den freien Posten gekrallt. Dort kann er jetzt Werbung für seine Organisation machen – auf einem Terrain, das ein Markus Söder immer für das seine hielt.

Bei den anderen Parteien dürfte daher schon bald die Suche nach für Faschingsaktivitäten geeigneten Nachwuchshoffnungen losgehen (wobei sich da, wie nebenstehendes Bild belegt, auch einige ältere bereits in Stellung bringen).

Vielleicht wird sogar das Nürnberger Christkind demnächst abwechselnd von einer SPD- und CSU-Kandidatin besetzt. Wer weiß?

Das nennt sich dann wohl Politisierung der Gesellschaft.